Wenn ich von einer Insel höre, dann stelle ich mir meist ein von Wasser umschlossenes paradiesisches Eiland vor, und meist ist es die Landschaft, die das Paradies erst ausmacht. Das möge in vielen Fällen vielleicht auch zutreffen, natürlich je nachdem was man selbst als Paradies empfindet. Zwei Inseln zwischen der Touristeninsel Rab und dem kroatischen Festland sind zwar landschaftlich nicht abstoßend, können aber wohl kaum aufgrund ihrer Geschichte an Land als Paradies bezeichnet werden. Gemeint sind die beiden Gefängnis-Inseln Goli Otok und Sveti Grgur.

Besuch von Sveti Grgur

Während man über das von 1949 bis 1988 bestehende Straflager auf Goli Otok relativ viel Bescheid weiß, ist über die Geschichte des Straflagers von Sveti Grgur wenig bekannt.

Ausschnitt von (c) google maps, Sveti Grgur

Fest steht jedoch, dass das politische Straflager auf Sveti Grgur ein reines Frauenlager gewesen ist und ebenfalls, wie auf der Nachbarinsel, im Jahr 1949 errichtet wurde.

Inhaftiert wurden hauptsächlich Gegnerinnen vom Regime Titos. Die einzige Beschäftigung der Frauen lag darin, Steine wahllos auf der Insel hin- und herzutragen. Ob erzwungen oder nicht, in dieser Zeit entstand aus Steinen ein überdimensionaler Tito-Schriftzug mit Stern, welcher aus der Luft gut erkennbar ist. Anscheinend wurde das Lager in den 60er Jahren wieder aufgelassen.

Einheimische gibt es auf dieser Insel keine. An der Nordwest-Bucht wurde eine Gaststätte renoviert und lockt Schiffe an, eine Männer-Truppe feiert laut gröhlend einen Junggesellenabschied, während die vergangene Gewalt wie eine Wolke über der Insel schwebt. Vor dem Lokal findet sich ein halbverfallenes Steingebäude, ein rostbrauner Generator im staubigen Schaltraum bringt schon lange kein Licht mehr zum Leuchten, hinter dem Gebäude wird ein altes Matratzengestell als Brandstelle verwendet.
Die eigentlichen Lagergebäude befinden sich 200m von der Bucht entfernt, der Weg dorthin ist ausgetrampelt, die ersten Steingebäude und kaputten Dachstühle locken den neugierigen Menschen an. Halbkaputte Türrahmen führen uns in die Gebäude, Waschbecken haben der Schwerkraft Tribut gezollt, etliche Bettgestelle füllen einen Raum aus, in welchem Licht durch die schweren Steinmauern dringt. Gitterfenster fluten den benachbarten Raum mit Licht, aber keinesfalls mit Leben.

Gegenüber stehen die Ruinen der Sanitäranlagen, Betonbecken gefüllt mit Schutt und angespannter Luft, am Boden mit Steinen ausgestöpfte Löcher.
Vor uns ein zweigeschossiges Gebäude. Der Putz fällt von den Wänden, das Stiegenhaus knackt, aber hält. Im Dach klafft ein großes Loch, Sonnenlicht fällt auf die Kochstelle im Erdgeschoss, der Boden ist übersät mit zerbrochenen Dachziegeln. Die vor sich hinfaulenden Holzpfosten warten auf den Zusammenbruch.
Noch etwas weiter oberhalb weilt im Boden ein unversperrter Deckel, das Echo aus dem unterirdischen Wasserbehälter hallt wie ein Hilferuf, unwissend was sich unter der Wasseroberfläche befindet. Ein breiter Steinplattenhang liegt vor uns, Regenwasser als einzige trinkbare Flüssigkeitsquelle sammelt sich noch immer im Wasserbehälter. Am oberen Ende des steilen Hanges sind im Osten die Steinmauern der Tito-Schrift erkennbar. Anscheinend Spuren für die Ewigkeit.


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8 Kommentare

  1. In den 70ern waren wir oft in Stinica auf dem damalige Campingplatz im Urlaub. Mit dem Motorboot fuhren wir immer an Goli vorbei. Aber nicht zu nahe ! das war verboten. Wir haben aber immer Personen gesehen.
    Der Campingplatz war eine Talstation einer Seilbahn, mit der Holz aus dem Velebit in den damaligen Hafen Stinica verbracht wurde. An dieser Talstation mußten de Gefangenen arbeiten. Der Hafen wurde später zum Campingplatz. Der Platzwart hat uns oft aus dieser Zeit erzählt. Auf der Küstenstrasse oberhalb ist heute noch eine Überführung über die Strasse, über die die Seilbahn führte. Vor einigen Jahren waren die Seile und die Masten noch zu sehen. Auch die Masten oben im Gebirge. Das Holz wurde auf Schiffe verladen. Die Sträflinge wurden per Boot von Goli und zurück gebracht.

  2. Schöner Bericht, das eigentliche Starflager wo die Frauen untergebracht waren, liegt allerdings an der Nordostspitze von Sveti Grgur in der dort befindlichen Bucht, die Häusertrakte oberhalb der großen Bucht waren wie auf Goli auch Werkstätten.
    Leider findet man so gut wie kein Informationen zu dem Straflager auf Sveti und das sich das eigentlich Lager soweit von den Werkstätten und restlichen Infrastruktur befindet gibt schon Rätsel auf!
    Ich war erst vor einer Woche wieder mit dem Boot auf der Insel und wir haben in der kleineren Bucht im Norden vor der Hauptbucht geankert. Rings um die Insel findet man ja in regelmäßigen Abständen kleine Beobachtungsbunker, drei davon in der Nähe der Bucht habe ich mir angesehen. Hier ist es mir ein völliges Rätsel wie die Besatzungen dieser Unterstände zu Selbigen gelangt sind. Selbst der relativ kurze Weg den ich zurücklegen musste war mehr als abenteuerlich. Selbst wenn es zu der Zeit, als das Lager aktiv war, Pfade zu den Beobachtern gebgeben hat, waren die Besatzungen ja Stunden unterwegs gewesen, besonders zu den Beobachtern im Osten der Insel und denen auf den Steilklippen an der Nordküste der Insel.
    Es wäre spanned hier jemanden zu finden, der hier Informationen hätte …..

  3. Schöne Fotos, anschaulich geschrieben. Wir waren dort und befremdet darüber, dass es hier null Erinnerungskultur gibt. Der Führer auf Goliotok hat gemeint, dass Goliotok ab 58 ein normales Gefängnis gewesen wäre. Ich bezweifle allerdings, dass Tito von heute auf morgen ein guter Mensch geworden ist, nur weil Stalin nicht mehr lebte. Kennt jemand seriöse Literatur zu den Gefänfnisnseln?

  4. als ich 1980 auf meiner Radreise mit der Fähre Senj-Lopar übersetzte, kamen wir an einer einsamen kahlen Insel vorbei mit 5-zackigem Kreuz. Damals hieß es, der vor wenige Wochen vorher gestorbene Staatschef Josip Broz „Tito“ solle dort in einem zu errichtenden Mausoleum begraben werden. Über mehr wurde nichts berichtet, man hat ihn wohl woanders beigesetzt, nicht so weithin sichtbar inmitten der Massen von Touristen.

  5. Fascinierende Fotos. Ich weis Bescheid über dieses entzetzliche Lager. Ich bin Fotograf und möchte dort unbedint hin, weis aber nicht wie. Findet man in Lopar einen Fischer der mich hinbringt oder kann man ein kleines Boot mieten?
    Wie sind sie hingekommen?
    Wäre dankbar für eine rasche Antwort, da ich ab nächste Woche in der Gegend bin.

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