Eigentlich hätte es eine Tour auf den höchsten Berg Liechtensteins werden sollen, die Vordere Grauspitze. Sollte, denn man muss auch einsehen können, dass es einfach mal nicht geht und froh sein, mit dem was man erreicht hat. Und das war ich.

Die Kurzinformationen und Übersichtskarte zu dieser Tour findest du am Ende des Berichtes.

Mit dem Nachtzug starte ich die „Mission Liechtenstein“ in Wien mit einem ganz klaren Ziel: die Vordere Grauspitze soll erreicht werden. In Wels steigt Alexandra zu, gemeinsam werden wir zu den westlichen Nachbarn blicken. Nach einer sehr geruhsamen Fahrt kommen wir frühmorgentlich am Bahnhof Bludenz an, weitere Minuten später in einem Regionalzug und wir landen in Nenzing, einem über 6.000-Seelen Städtchen am nördlichen Rande des Rätikons in Vorarlberg.

Augstenberg, Liechtenstein - die Meng kurz vor NenzingDer Meng-Fluss schlängelt sich durch die Straßen und Häuser, diesem folgen wir auch in entgegengesetzer Flussrichtung bergauf. Durch ein Waldstück erreicht man die Meng-Schlucht, heftiges Getöse des Wildflusses rauscht uns um die Ohren. An einem flacheren Stück wird das morgentliche Zähneputz-Programm nachgeholt. Ich klettere ein kleines Stück zum Fluss ab, erledige die hygienische Pflichtkür und steige wieder auf. Beim ersten größeren Aufstiegsschritt reißt jedoch die vor kurzem neu erworbene Hose ein. Ab diesem Moment ziert ein größeres Loch den Schritt meiner Hose, natürliche Belüftung sozusagen.

Augstenberg, Liechtenstein - Steinmann in der Meng-Schlucht Augstenberg, Liechtenstein - Tunnel an der Buder-HöheWeiter geht der Marsch im Gamperdonatal auf einer schmalen Asphaltstraße. Links und rechts erstrecken sich rauschende Bäche und imposante Felswände. Nicht allzuoft taucht hinter uns ein Auto auf, viele nehmen wir aufgrund dem tosenden Meng Fluss gar nicht wahr und schrecken uns, als sie uns fast schon auf die Fersen gefahren sind.

Augstenberg, Liechtenstein - GamperdonatalNach einer Rast bei einer lieblichen Kapelle und einer weiteren Stunde Fußmarsch später erreichen wir die ersten Häuser des Nenzinger Himmels. Ein kleines Feriendorf in idyllischer Lage, welches nur im Sommer erreichbar und auch bewohnt ist, hauptsächlich genießt man hier die Stille in mietbaren Ferienhäusern. Massentourismus findet man hier nicht, die dorthin führende Straße dürfen nur Nenzinger BewohnerInnen nutzen, bzw. in Ausnahmefällen ist das Hinfahren erlaubt, das Herumfahren aber verboten.

Augstenberg, Liechtenstein - Nenzinger HimmelWir verlassen die Asphaltstraße und bewegen uns nun auf einem Schotterweg. Die ersten größeren Steigungen stellen sich uns in den Weg, in einer halben Stunde waren über 200 Höhenmeter geschafft. Nach einer kleinen Brücke beginnt der markierte Pfad auf die Pfälzer Hütte. Eine Familie mit Kindern kommt uns entgegen und berichtet von einem gesperrten Weg, es soll einen Ersatzweg geben, aber der gesperrte Weg sei auch nicht sonderlich schwierig. Danke für den Rat. Ein paar Minuten später erzählt uns ein Ehepaar, wir sollen auf keinen Fall den gesperrten Weg nehmen, sondern den Ersatzweg gehen, der gesperrte Weg sei nahezu unmöglich passierbar. Danke für den Rat. Zwei unterschiedliche Meinungen, wir werden sehen.

Augstenberg, Liechtenstein - Aufstieg zur Pfälzerhütte Augstenberg, LiechtensteinAls wir zu der besagten Stelle kommen, an der ein Ersatzweg beschriftet und darauf hingewiesen wird, nehmen wir ohne zu zögern den gesperrten Weg, so wilde Hunde sind wir. In weiterer Folge erkennen wir zwar so gut wie keinen Weg mehr und nur sehr wenige Markierungen, aber mit etwas Orientierungsvermögen erreichen wir doch wieder den unbeschädigten Pfad und zur Pfälzer Hütte (2.108m ü.A.) am Bettlerjoch trennen uns nur mehr wenige Höhenmeter.

Augstenberg, Liechtenstein - Pfälzerhütte, im Hintergrund Augstenberg und Festung GorvionBegrüßt werden wir, neben pfeifenden Murmeltieren, von den hütteneigenen Hühnern und einem stolzen Hahn, welcher der Liebling der hier anwesenden Kinder ist. Der Hahn sieht das aber nicht so.

Augstenberg, Liechtenstein - der Hahn der HütteWir beziehen unser Lager und holen uns die ersten Hütten-Schmankerl. Die Preise schrecken mich nicht sonderlich, nur die Getränke kommen mir etwas überteuert vor. Wenn der Tee nur etwas geringfügig günstiger als das Bier ist, weiß ich, welche Gläser öfter gewaschen werden.

Augstenberg, Liechtenstein - Grenzweg Österreich LiechtensteinIch unternehme noch einen kleinen Ausflug auf den Augstenberg (2.359m). Der Weg dorthin startet direkt an der Hütte und verläuft anfänglich noch genau an der Grenze zwischen Österreich und Liechtenstein. Karte und Kompass ist beim Aufstieg dabei, aber nur um mögliche Aufstiege auf den Grauspitz zu entdecken. Der Augstenberg ist die höchste Erhebung im Fürstentum Liechtenstein, welche keine Grenzberührung zu Österreich oder der Schweiz aufweist.

Augstenberg, Liechtenstein - Gipfel Augstenberg Augstenberg, Liechtenstein - links die zugedeckte GrauspitzeAm Gipfel angelangt, hätte ich wunderbare Aussicht auf die Grauspitzen, sowie den Besteigungsgrat und das aufsteigende Geröllfeld vom Naaftal. Hätte, eine halbe Stunde sitze ich am Gipfel, versuche einige prägnante Punkte auf die Karte zu übertragen, um uns für die Tour auf die Grauspitze vorzubereiten und will warten, dass sich die Wolken verziehen. Aber sie verziehen sich nicht und ich habe keinen einzigen Strich auf die Karte gemalt.

Augstenberg, LiechtensteinWieder bei der Hütte wenden wir uns äußerst wichtigen Dingen auf der Terrasse zu. Ich verliere sang und klanglos beim Bauernschnapsen. Ebenfalls auf der Terrasse beobachten wir einen übermotivierten Fotografen, welcher, mit Stativ und Filter bewaffnet, den Sonnenuntergang ablichtet. Ein Mann, welcher sich plötzlich zwischen seinem Apparat und Sonnenuntergang auf der Terrasse bewegt, wird vom Fotograf mit einem lauten „kssssst, kssssst“ vertrieben. Jedenfalls uns bringt er zum Schmunzeln.

Augstenberg, Liechtenstein - Sonnenuntergang an der Pfälzer Hütte

Am nächsten Tag folgte die Besteigung des Naafkopfes und die Einsicht, dass die Vordere Grauspitze unberührt bleibt.

Weitere Informationen

Start: Bahnhof Nenzing, Anreise mit dem Nachtzug über Bludenz
Aufstieg: über den Nenzinger Himmel auf die Pfälzerhütte, ca. 6 Stunden
Nächtigung: Pfälzerhütte
Karten: ÖK50 1230 Bludenz und ÖK25V 1229-Ost Vaduz, f&b WK 5374
Literatur: Rother Wanderführer Bodensee-Rätikon, Alpenvereinsführer Rätikon

Karten und Literatur bei freytag & berndt, Wallnerstraße 3, 1010 Wien erhältlich, outdoor@freytagberndt.at, +43(0)1 533 86 85-15, www.freytagberndt.at

Sollten Fragen, Anmerkungen, Hinweise oder Ergänzungen auf der Zunge brennen, bitte entweder ein Kommentar am Beitragende hinterlassen oder eine E-Mail an martin@gehlebt.at senden.

Übersichtskarte

Download file: Nenzing-Pfaelzerhuette.gpx

 

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