“Kuhschellen im Naturpark Leithagebirge ausgegraben”, lautete eine etwas ungewöhnliche Schlagzeile Ende April. Unbekannte Diebe haben am Kirchberg bei Donnerskirchen rund 180 Kuhschellen entwendet und stattdessen Erdlöcher hinterlassen. Die violett blühende Kuhschelle gedeiht vor allem auf Kalk-Trockenrasen und fühlt sich an den trockenen und nährstoffarmen Hängen des Leithagebirges sichtlich wohl. Sie ist außerdem ein untrügerisches Zeichen dafür, dass wir nun endgültig den Frühling in unseren Gefilden begrüßen dürfen. Außerdem, und das ist der springende Punkt der ganzen Kriminalgeschichte, gilt die Kuhschelle als stark gefährdet und ist eine streng geschützte Art. Das Pflücken oder gar Ausreißen bzw. Ausgraben dieser Pflanze ist somit verboten – und schon gar kein Kavaliersdelikt. Wer Exemplare einer geschützten Tier- oder Pflanzenart „zerstört, besitzt oder aus der Natur entnimmt“, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen. Ausnahme: Die Handlung betrifft nur eine unerhebliche Menge an Exemplaren und hat unerhebliche Auswirkungen auf den Erhaltungszustand. Jedenfalls sind 180 Kuhschellen für einen kleinen Standort nicht unerheblich.

Kuhschelle im Leithagebirge

Es kann bei diesem Fall davon ausgegangen werden, dass die große Anzahl von Kuhschellen nicht in einem einzigen privaten Garten landet. Selbst wenn, würden diese Pflanzen, die an Trockenrasenstandorte angepasst sind, nicht lange in einem Hausgarten überleben. Die Entnahme der Pflanzen in Donnerskirchen war somit nicht nur illegal, sondern auch ziemlich unsinnig.

Trockenrasen muss gepflegt werden

Viele Pflanzen wurden durch diese Tat zerstört, und auch der Trockenrasenstandort Kirchberg sieht mit 180 kleinen Erdlöchern etwas mitgenommen aus. Der Begriff „Trockenrasen“ ist hinsichtlich Implikation der Artenvielfalt eher unpassend, denn diese Gebiete sind alles andere als karg oder öde, sondern wahre Hotspots der Biodiversität. Einer der bekanntesten Trockenrasen im Osten Österreichs ist die Perchtoldsdorfer Heide. Die Gründerin des „Landschaftspflegevereins Thermenlinie“, Irene Drozdowski, schwärmt von den 1200 unterschiedlichen Schmetterlingsarten, die hier über mehrere Jahre festgestellt wurden. Ein Trockenrasen ist zwar ein wahres Biotop der Artenvielfalt, muss jedoch geschützt und gepflegt werden. Wird die Heide nicht beweidet oder von naturliebenden Menschen in Schuss gehalten, verbuscht sie zusehends. Ohne Eingriff würde die Perchtoldsdorfer Heide in dreißig Jahren ein Walgebiet sein.

Perchtoldsdorfer Heide

Regelmäßig werden vom genannten Landschaftspflegeverein und auch von den „Freunden der Perchtoldsdorfer Heide“ Pflegetermine ausgeschrieben, an welchen sich bis zu dreißig und mehr Menschen beteiligen. Hierbei werden Sträucher und Jungbäume zurückgeschnitten; Flieder, Liguster und Hartriegel geht es also an den Kragen. Eine regelmäßige Pflege ist für den Trockenrasen und seine Bewohner, wie die Smaragdeidechse oder den Siebenschläfer, also überlebensnotwendig. Damit es bei diesen Aktionen keine „Opfer“ zu beklagen gibt, sind auch fachkundige Biologen mit von der Partie.

Für die Kuhschellen bei Donnerskirchen kommt jedenfalls jede Rettung zu spät. Dass die Täter gefunden werden, daran wird gezweifelt. Der ideelle Schaden, den sie hinterlassen haben, ist aus Naturschutzsicht enorm und auch nicht mehr wiedergutzumachen. Es wird wohl einige Jahre dauern, bis am Kirchberg wieder unzählige Kuhschellen den Frühling begrüßen.

Dieser Artikel erschien erstmalig im Magazin weitweg 2/2021 der ÖAV Sektion Weitwanderer.


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